Abtreiben oder Kind behalten? Wie treffe ich eine gute Entscheidung?

Wie treffe ich eine Gute Entscheidung?

583656745 | manop | shutterstock.com

12 Tipps für eine gute Entscheidungsfindung, wenn Du Dich im Schwangerschaftskonflikt befindest

  • Die Entscheidung für oder gegen das eigene Kind gehört wohl zu den schwierigsten im Leben eines Menschen. Viele ringen um eine gute Entscheidung – auf der einen Seite stehen eigene Sorgen, auf der anderen Seite tiefe Wünsche.
  • Jede schwangere Frau hat das Recht, alle ihre Gedanken und Gefühle ernst zu nehmen und sich in aller Freiheit Zeit für die Entscheidung zu nehmen. Unter Druck gesetzt oder zu einer Abtreibung gedrängt werden, darf sie nicht!
  • Damit Du in dieser herausfordernden Situation einen Weg einschlagen kannst, mit dem Du gut leben kannst, haben wir für Dich hier 12 ganz konkrete Tipps und Ideen für eine gute Entscheidungsfindung zusammengestellt. Selbst wenn nicht jeder Punkt zu Dir passen sollte, vielleicht kann doch der eine oder andere als Entscheidungshilfe dienen.

Hilfe für Deine Entscheidung:

1. Sich Zeit nehmen und die Spannung aushalten

Gerade bei dieser großen Entscheidung ist es ratsam, sich Zeit zu geben. Denn diese Zeit hilft Dir dabei, Dich innerlich zu sortieren und alles setzen zu lassen, was Dich momentan aufwühlt. Dann kannst Du in Ruhe schauen, welcher Richtung Du folgen möchtest.

Du bist es wert, nicht aus Sorgen und Ängsten heraus entscheiden zu müssen, sondern einen klaren Blick zu gewinnen, um zu erkennen, welcher Weg letztlich Deiner sein wird!

Vielleicht hilft Dir dabei das Bild von einem See, dessen Wasser durch den Wind aufgewühlt wurde: Es braucht Zeit, bis das Wasser wieder klar wird, und man den Grund wieder sehen kann. Womöglich ist es derzeit bei Dir ähnlich: Du bist noch innerlich sehr aufgewühlt und siehst zurzeit keine Perspektive. Auch der Blick auf Deine Stärken, Möglichkeiten oder Wünsche scheint getrübt zu sein.

Sich in einer spannungsreichen Situation Zeit zu geben und auszuharren, ist nicht einfach… Dennoch: Wenn Dir das gelingt, vergrößerst Du die Chance, dass Du auch später noch sagen kannst: Es war die richtige Entscheidung.

2. Kraftquellen nutzen und Dir Auszeiten gönnen

Oft versuchen wir mit aller Kraft, zu einer Lösung zu gelangen und quälen uns mit der Schwere der Entscheidung. Das ständige Grübeln kann erschöpfen, und man kommt möglicherweise bis an den Rand der Verzweiflung. Sogar das Gefühl kann entstehen, dass man selbst gar nichts tun kann – die Situation selbst und die eigenen Sorgen bekommen große Macht.

In diesem anstrengenden Entscheidungsprozess darfst Du daher jede Kraftquelle nutzen, die sich Dir bietet. Vielleicht findest Du etwas, was Du tun kannst, wobei Du zur Ruhe und dadurch in Berührung mit Deinem Innersten kommst. Es sind oftmals auch die kleinen Dinge, die uns einfach immer guttun. Ein Spaziergang in der Natur, Lieblingsmusik, ein warmes Bad … Das kann helfen, sich wieder wohler und gefestigter zu fühlen. Nach und nach verlieren die Sorgen an Macht und Du bestimmst wieder mehr Deine Situation.

Genauso ratsam ist es, sich kleine Auszeiten zu nehmen – einen Tag oder auch zwei – in denen die Entscheidung einfach mal liegen bleiben und reifen darf. Du musst nicht ständig im ‚Gedankenkarussell‘ mitfahren. Aus dem angestrengten Grübeln wird ein gezielteres Nachdenken und Du kannst mit der Zeit eine gefestigte Entscheidung treffen.

3. Austausch suchen – aber nicht unbedingt mit jedem

Familienmitglieder oder gute Freunde an der Seite zu wissen ist Gold wert. Sie machen das Leben leichter und lebenswerter und können dabei helfen, einem guten Weg auf die Spur zu kommen! Gleichzeitig kann es verwirrend sein, mit zu vielen Personen über eine so persönliche Entscheidung zu sprechen.

Deshalb unser Tipp: Überlege, wer Dich wirklich gut kennt, wem Du vertrauen kannst und wer für Dich das Beste im Sinn hat. Wer hat Dir vielleicht schon in früheren Situationen wirklich guten und uneigennützigen Rat gegeben?
Vielleicht fällt Dir auch eine Person ein, die gar nicht zu Deinem engeren Freundeskreis gehört, die aber vertrauensvoll wirkt und Herzlichkeit ausstrahlt. Manchmal können auch außenstehende Personen gut zuhören und die Situation von außen klarer betrachten.

4. Dich abkoppeln – Abstand und Stille finden

Bei all dem Trubel, der sich gerade in Deinem Inneren und vielleicht auch um Dich herum abspielt, ist es hilfreich, wenn Du Dir gezielt Orte und Zeiten der Ruhe suchst. Manche Frauen können dies gut in ihren Alltag einbauen. Manche machen aber auch die Erfahrung, dass es gut tun kann, für ein paar Tage zu verreisen, um Abstand zu gewinnen.

Gerade dann, wenn es still um uns wird, können wir besser hören und spüren, was Kopf und Herz uns sagen möchten. Und in welche Richtung unser innerer Kompass hindeutet, die leise Stimme in uns, die uns durchs Leben leitet.

  • Wie Du diese Stimme immer besser wahrnehmen kannst, kannst Du in Tipp 8 lesen!

5. Die Angst enttarnen

„Angst ist ein schlechter Ratgeber“ – in diesem Spruch steckt viel Wahrheit. Denn Angst macht uns immer kleiner, als wir sind, und traut uns viel weniger zu, als wir eigentlich können.

Habe Mut, genau zu schauen, welche Argumente aus der Angst entstehen und welche wirklich zu Dir gehören. Denn Angst beginnt im Kopf – Mut aber auch.

  • Wenn Du merkst, dass die Angst Dich viel beschäftigt und Dir Deine Entscheidung erschwert, lies hier mehr zum Thema Angst und Schwangerschaft.

6. Eine Pro-Contra-Liste

Manchmal schwirren viele Gedanken in unserem Kopf herum, und es ist schwierig, sich zu sortieren. Da kann es helfen, das innere Durcheinander der Argumente einfach mal zu Papier zu bringen. Manchmal sieht die Situation schon allein dadurch gar nicht mehr so unübersichtlich aus.

  • In unserem Artikel zu Abtreibung Pro und Contra kannst Du nachlesen, worauf Du beim Anlegen einer Pro-Contra-Liste achten solltest.

7. Abwägen und gewichten: Was zählt für mich?

Nicht alle Argumente sind gleich wichtig oder gleich viel wert. Stell Dir das Bild einer Waage vor: Wenn Du auf die eine Seite viele Münzen und auf die andere Seite einen hohen Geldschein legst, wird sich die Waage zur Seite der Münzen neigen – und das, obwohl ihr eigentlicher Wert viel kleiner ist.

So ist es auch mit dem Abwägen von Argumenten: Nicht nur die Anzahl zählt, sondern auch ihr jeweiliger Wert, der ganz unterschiedlich sein kann.

Beim Gewichten kann Dir also die Frage helfen: Was ist der höhere Wert, wenn ich beides gegenüberstelle? Was zählt für mich persönlich mehr?

8. Auf die innere Herzensstimme hören

Die Pro-Contra-Liste spricht vor allem den Verstand an. Aber da gibt es auch noch meine "innere Stimme“ oder die eigene „Herzensstimme“. Was hat es mit ihr auf sich?

Je nachdem, wen man fragt, wird man hierzu wahrscheinlich die unterschiedlichsten Antworten bekommen. Zusammenfassend könnte man aber sagen, dass es sich um einen ‚persönlichen, inneren Wegweiser‘ handelt. Diese innere Stimme kennt Deine persönlichen Wünsche, Deine Werte und Dein Gewissen. So wird sie zu einem kostbaren und einzigartigen Kompass.
Um die innere Stimme in der jetzigen Situation besser wahrnehmen zu können, könntest Du Dich zum Beispiel fragen: Was ist meine Sehnsucht? Was wünsche ich mir zutiefst? Bei welchem Weg fühlt es sich im Grunde richtig an, wenn ich die Sorgen beiseite schiebe? Welche Entscheidung fühlt sich friedvoll an?

Wenn Du im Einklang mit Deinen innersten Überzeugungen bist, kann das enorme Kräfte in Dir mobilisieren. Denn Du spürst dann, wofür es sich lohnen würde, zu kämpfen. Trau Dich, auf Deine innere Stimme zu hören und Deinem Herzen zu folgen!

9. Gedankenspiele und Fragen an Dich selbst

Du kennst Dich selbst am besten. Gute Fragen an Dich selbst können Dir vielleicht helfen, Deinen Blick zu weiten und ganz neue Perspektiven zu entdecken:

  • Stell Dir vor, Du wärst 80 Jahre alt und schaust auf Dich und Dein jüngeres Ich in der jetzigen Situation zurück. Was würdest Du Dir selbst raten?
  • Welche Entscheidung würde Dich an Deinem Lebensabend noch mit Stolz erfüllen?
  • Stelle Dir vor, eine Freundin oder Verwandte von Dir stünde in der Situation, die Du gerade erlebst. Welchen Rat würdest Du ihr geben?

10. Die Vogelperspektive einnehmen

Manchmal kann es in komplexen Lebenssituationen hilfreich sein, die Vogelperspektive einzunehmen, das Puzzle von oben anzuschauen und sich nach dem Sinn des Ganzen zu fragen. Wir haben drei Gedanken für Dich, die dabei helfen können:

  • Die Vergangenheit kannst Du nicht verändern – Deine Zukunft aber schon:
    Vielleicht wünschst Du Dir gerade genau das: Alles ungeschehen machen zu können. Dieser Wunsch danach, die Uhren zurückzustellen, ist verständlich – aber es ist nicht möglich. Dafür kannst Du jetzt in Freiheit entscheiden, wer Du jetzt und heute sein möchtest – und wie Du weiter leben willst. Wie Du zu der „besten Version“ Deiner selbst werden willst und was Dich stolz machen würde.
  • In den Überraschungen des Lebens lassen sich oftmals Chancen erkennen:
    Was löst der Gedanke bei Dir aus, dass das Leben uns herausfordernde Fragen und Aufgaben vielleicht nie ohne Grund stellt? Lässt sich in dieser Schwangerschaft vielleicht sogar ein Sinn entdecken? Kann auch etwas Gutes daraus entstehen?
  • Krisen, die gut überwunden werden, können ungeahnte Kräfte in uns freisetzen:
    Erinnere Dich an eine Situation zurück, die schwierig war und die Du mit Mut gut bewältigt hast. Was hat sich dadurch für Dich und in Dir und für Dein Leben verändert?

11. Eine "Testwoche"

Eine Woche lang mit der einen, dann eine Woche mit der anderen Entscheidung leben.

Um beide Wege wirklich genau betrachten zu können, kann eine Art Selbsttest hilfreich sein: Zunächst lebst Du eine Woche (oder ein paar Tage) lang innerlich so, als hättest Du die Entscheidung getroffen, eine Abtreibung durchzuführen. Und dann eine Woche so, als hättest Du die Entscheidung getroffen, dieses Kind zu bekommen.

Dabei ist es ratsam, dass Du diese Zeiten voll „ausnutzt“ und Dich selbst beobachtest, dabei aber noch keine unumkehrbaren Schritte unternimmst – denn es ist ja erstmal nur ein Test.

Danach kannst Du Dir Zeit nehmen, um die Erfahrung schrittweise zu reflektieren: Wie wirkte sich die Entscheidung auf mein Leben im Alltag aus? Wie ging es mir innerlich – während der ersten Tage, aber auch auf längere Sicht? Mit welchem dieser Gefühle möchte ich weitergehen?

Nun hast Du eine Basis für Deine Entscheidung, die wirklich etwas mit Dir zu tun hat.

12. Beratung in Anspruch nehmen – Wir sind für Dich da!

Vielleicht bist Du das erste Mal in der Situation, so eine Entscheidung treffen zu müssen. Vielleicht hast Du es schon einmal ähnlich erlebt und doch ist es jetzt ganz neu. Du wünschst Dir eine Entscheidungshilfe, oder jemanden, der für Dich in dieser Situation da ist?

Es kann hilfreich sein, Deine Fragen und Sorgen einmal mit jemandem zu beleuchten, der schon häufiger vergleichbare Situationen miterlebt und begleitet hat.

Du kannst jederzeit mit einer der Beraterinnen von Pro Femina e.V. Kontakt aufnehmen. Sie nimmt sich Zeit, um mit Dir gemeinsam Deine Situation und Sorgen anzuschauen.

Wenn Du möchtest, kannst Du auch am Entscheidungs-Coaching teilnehmen. Du erhältst 7 Tage eine Email mit Impulsen und Geschichten von schwangeren Frauen.

Vielleicht interessiert Dich auch Folgendes:

Autoren & Quellen

Autorin

Maria Nagele,
Sozialpädagogin

Überprüfung

Psychologisches Team

Quellen

Findest Du diesen Artikel hilfreich?