Fragen und Antworten: Sorgerecht/Obsorge

Sorgerecht

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Wer hat welche Rechte für das Kind?

  • Es gibt gesetzliche Regelungen, die festlegen, wer für ein Kind zuständig ist und wie die Obsorge genau aussieht. Diese Regelungen sind besonders dann wichtig, wenn die Eltern nicht verheiratet sind.

  • Die Obsorge stellt das Kindeswohl in den Mittelpunkt. Es betrifft die Pflege und Erziehung des Kindes sowie Verwaltungs- und Entscheidungsaufgaben für das Kind.

  • Egal, wer von beiden Obsorgeberechtigter ist, oder das Aufenthaltsbestimmungsrecht hat: Jeder der beiden Elternteile hat das Recht auf Umgang und Kontakt mit dem Kind – also das Recht, das Kind regelmäßig zu sehen.

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Weitere Infos zum Thema Sorgerecht findest Du hier in unserem Artikel.

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Was ist die Obsorge (§§ 158 FF ABGB)?

Im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) ist die Obsorge rechtlich verankert. Es geht dabei um die Rechte und Pflichten zwischen einem minderjährigen Kind und seinem Obsorgeberechtigten. Das sind in der Regel die Eltern, die sich um das Kind kümmern oder wichtige Entscheidungen für das Kind treffen.



Dabei soll alles auf das Kindeswohl ausgerichtet sein. Drei Bereiche betreffen daher die Obsorge:

  1. Pflege und Erziehung:
    Zum Beispiel die Aufsichtspflicht oder die Sorge um die Gesundheit des Kindes (Pflege). Die Verantwortung für Bildung oder die Förderung von Fähigkeiten (Erziehung) – also die seelische Sorge für das Kind. 

  2. Vermögensverwaltung:
    Dazu zählt, das Vermögen des Kindes zu wahren (z.B. Zinsen des Erbes) und für den Lebensunterhalt zu sorgen, bis es dafür selbst in der Lage ist – also die materielle Sorge für das Kind.
  3. Gesetzliche Vertretung: 
Wer die Obsorge hat, darf Zustimmungen oder Einwilligungen für das Kind und seine Rechte erteilen, zum Beispiel das Kind in einer Schule anmelden oder zu einer medizinischen Operation zustimmen.

Ebenso wird im Gesetz das Innenverhältnis vom Außenverhältnis unterschieden:


  • Nach innen hin gerichtet deckt die Obsorge alles ab, was die Betreuung und Versorgung des Kindes betrifft.;
  • Nach außen hin werden Vertretungs- oder Fürsorgehandlungen für das Kind unternommen.

Wer hat das Sorgerecht?


Nach §§ 177 ff ABGB ist folgende Rangfolge festgelegt:

Zuerst haben die Eltern das Recht und die Pflicht zur Obsorge. Je nachdem, ob die Eltern verheiratet sind oder nicht, gibt es unterschiedliche Regelungen, wer das Sorgerecht hat.

Auch Großeltern oder Pflegeeltern können Obsorgeberechtigte werden. Außerdem andere geeignete Personen aus dem Umfeld. Dies wird gerichtlich festgelegt, wenn die Eltern aus irgendwelchen Gründen nicht in Frage kommen.

Schließlich kann auch dem Kinder- und Jugendhilfeträger KJHt (früher Jugendamt) die Obsorge vom Pflegschaftsgericht übertragen werden.

Für minderjährige Mütter gilt eine spezielle Regelung.

Verheiratete Eltern – gemeinsame Obsorge

Wenn die Eltern verheiratet sind, liegt die Obsorge automatisch zu gleichen Teilen bei Mutter und Vater. Beide sind also gleichermaßen zuständig und haben beide die Obsorgepflicht.

🔎 Achtung: Bist Du als Mutter zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit einem anderen Mann als dem Vater des Kindes verheiratet, so gilt Dein Ehemann als gesetzlicher Vater des Kindes. Um den leiblichen Vater auch zum gesetzlichen Vater zu machen, ist dann ein juristisches Verfahren nötig.


Unverheiratete Eltern

In diesem Fall hast Du ab der Geburt des Kindes automatisch die alleinige Obsorge. 
Als unverheiratete leibliche Eltern könnt Ihr aber schon vor der Geburt die gemeinsame Obsorge beim Standesamt erklären und mit dem Pflegschaftsgericht regeln.

👆 Im Vorfeld muss der Vater des Kindes die Vaterschaft anerkennen lassen. Zum Beispiel, wenn die Geburtsurkunde beantragt wird (beim Standesamt oder Magistrat).


Bei allen Sorgerechtsüberlegungen sollte das Wohl des Kindes immer im Mittelpunkt stehen. Dabei geht man davon aus, dass es für die Entwicklung des Kindes wichtig ist, beide Elternteile gleich verantwortlich zu erleben. Für das Sorgerecht des Vaters bei nicht verheirateten Paaren hat das folgende Auswirkungen:


Eine Sorgerechtsklage des Vaters hat im Normalfall gute Aussichten, auch wenn die Mutter ihm die gemeinsame Obsorge nicht einvernehmlich einräumen will. Es müssen begründete und schwerwiegende Ausnahmefälle vorliegen, damit ein Vater dies nicht zugesprochen bekommt. Voraussetzung ist, dass die Vaterschaft erwiesen ist, z.B. durch einen Vaterschaftstest, der auch über das Gericht angeordnet werden kann.

Minderjährige Mütter

Solltest Du noch minderjährig sein, so übernehmen bis zu Deiner Volljährigkeit zum Beispiel Deine Eltern oder die Kinder- und Jugendhilfe die Obsorge, was die rechtliche Vertretung betrifft. Für die Betreuung, Pflege und Erziehung des Kindes kannst Du jedoch zuständig sein.



➡️ Alle Infos hier: Schwanger unter 18 – Junge Mutter sein?

Was gilt im Falle einer Scheidung?

Wenn nicht anders vereinbart, bleibt das gemeinsame Sorgerecht bestehen. Natürlich nicht, sollte das Kindeswohl gefährdet sein. Wenn sich beide Elternteile nicht mehr verstehen, ist das kein Grund, einem Elternteil das Sorgerecht abzuerkennen.

Manche Mütter fürchten sich, dass der Vater des Kindes bei einer gemeinsamen Obsorge zu sehr „mitmischt“. Doch haben beide Elternteile das Recht, Entscheidungen alleine zu treffen – es muss nicht alles im Alltag miteinander abgesprochen werden. Wichtige Entscheidungen allerdings schon: zum Beispiel die Wahl der Schule, ein Wohnortswechsel oder medizinische Behandlungen.

Die Eltern legen bei der Scheidung ebenfalls das Aufenthaltsrecht fest, das heißt, bei wem das Kind im Haushalt lebt.

Unterhalt/Alimente zahlt der Elternteil, bei welchem das Kind nicht lebt.

Besuchsrecht/Kontaktrecht/Umgangsrecht

Jeder der beiden Eltern hat das Recht und die Pflicht, Umgang mit seinem Kind zu haben – und jedes Kind hat das Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen. So kann auch zu dem Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, eine tragfähige Beziehung aufgebaut werden.

Was genau ist das Umgangsrecht?


Das Umgangsrecht umfasst persönliche Besuchskontakte ebenso wie Telefonkontakte und Briefwechsel. Außerdem wird geregelt, wie lange jeder Elternteil das Kind sehen und Zeit mit ihm verbringen darf.


Während der Umgangszeiten darf der umgangsberechtigte Elternteil dann die Angelegenheiten des täglichen Lebens bestimmen (sonst tut das der Elternteil mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht).

Wer hat Umgangsrecht mit dem Kind?


Der Elternteil, bei dem das Kind nicht wohnt, hat ein Recht auf Umgang mit dem Kind. Das Umgangsrecht resultiert direkt aus der Elternschaft. Wächst das Kind z.B. bei der Mutter auf und ist die Vaterschaft geklärt, liegt damit automatisch das Recht auf Umgang des Vaters mit dem Kind vor.

Wenn sich die Eltern über die Umgangszeiten nicht einigen können, vermittelt das Pflegschaftgericht. Auch hier ist immer das Kindeswohl das entscheidende Kriterium: Ist es aus bestimmten Gründen für das Wohl des Kindes nicht dienlich, dass es seinen Vater sieht, so kann der Umgang per Gerichtsurteil auch verweigert werden oder eine Besuchsbegleitung angeordnet werden. 


ℹ️ Auch die Großeltern und andere Bezugspersonen haben Recht auf Umgang mit dem Enkelkind und umgekehrt. Wichtiger ist jedoch, dass der Kontakt zum Elternteil gepflegt wird, bei welchem das Kind nicht wohnt.

Aufenthaltsbestimmungsrecht

Bei einer alleinigen Obsorge ist damit auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht des Kindes festgelegt: es wohnt bei dem Elternteil, welcher die Obsorgepflicht hat. Hat die Mutter das alleinige Sorgerecht, so hat sie damit auch das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht, sofern der Kindsvater nicht vor Gericht einschreitet.


Bei einer gemeinsamen Obsorge besteht grundsätzlich auch ein gemeinsames Aufenthaltsbestimmungsrecht.



Nach einer Trennung/Scheidung muss der Aufenthalt des Kindes neu geregelt werden. Meist findet sich eine einvernehmliche Lösung, aber einfach ist es für die meisten Eltern nicht, diese zu finden.

Das Aufenthaltsbestimmungsrecht regelt bei getrennten Eltern, bei wem das Kind hauptsächlich lebt und wer die Angelegenheiten des täglichen Lebens bestimmen darf, z.B. wie das Kind seine Zeit verbringt, was es isst, welche Kleidung es trägt, und anderes mehr.

Findet sich keine Einigung, schreitet das Pflegschaftsgericht ein.

Unterhalt/Alimente

Grundsätzlich müssen beide Elternteile für den Lebensunterhalt des Kindes sorgen. Man unterscheidet den Naturalunterhalt (wie Wohnung, Nahrung oder Kleidung) und den Geldunterhalt (Alimente).

Je nach Alter, Fähigkeiten und Bedürfnisse des Kindes ist es unterschiedlich, was es wann braucht. Außerdem unterscheidet sich der Unterhalt je nach den Lebensverhältnissen der Eltern.

Leben die Eltern getrennt, zahlt derjenige Alimente, bei welchem das Kind nicht lebt. Der Elternteil mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht kommt seiner Unterhaltspflicht auch die Betreuung des Kindes nach.

ℹ️ Die Höhe der Alimente ist abhängig vom Nettoeinkommen.

➡️ Unterhaltsverfahren können schon einmal lange dauern. Du bist alleinerziehend und hast daher Sorge, rechtzeitig finanziell unterstützt zu werden? Dann bekommst Du vorübergehend vom Staat Unterhaltsvorschuss/Alimentenbevorschussung.

Mehr Infos dazu hier:
Unterhalt und Unterhaltsvorschuss


Noch Fragen oder Sorgen?

Es ist verständlich, wenn es Euch erst einmal schwer vorstellbar scheint, Euer Kind abwechselnd zu betreuen und aufzuziehen, besonders, wenn Du die Beziehung als sehr belastet erlebt hast. 
Vielleicht hast Du auch Bedenken bei der Vorstellung, Dich mit Deinem Ex-Partner konstruktiv über die Erziehung des gemeinsamen Kindes auszutauschen und zu einigen?


Möglicherweise bist Du jetzt ungeplant schwanger und Dich beschäftigen nun viele Fragen auch rund um den Vater des Kindes. Du weißt vielleicht noch nicht, wie es für Dich weitergehen wird.

Wie auch immer Deine Situation genau aussieht, gerne sind wir für Dich da!

Wünschst Du Dir ein Gespräch mit jemandem, der mit der Thematik Erfahrung hat, oder gibt es etwas, das Dir in Deiner ganz individuellen Situation noch Sorgen oder Kopfzerbrechen bereitet? Dann melde Dich gerne bei den Beraterinnen von Pro Femina e.V.!

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